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Christentum und Politik in Deutschland







31.01.2023
von Oliver Zielinski

Kommentar zur Antwort der EKD – Brief Abschaffung §219a StGB und Abtreibung





In einem Brief an die EKD vom 22.11.2022, habe ich das Verhalten der evangelischen Kirche in Bezug auf die Abschaffung des §219a StGB, kritisiert. Ich habe sie aufgefordert, zur Erhaltung des ungeborenen Lebens auf die Politik einzuwirken. Dieser Brief wurde auch von vielen unterstützt.

Wie sonst auch, gab es keine Antwort, bis ich angerufen habe. In der dann erfolgten Antwort heißt es:

„In Ihrer vorangegangenen E-Mail sprechen Sie Schwangerschaftskonflikte und -abbrüche sowie den §219a StGB an: Sowohl die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), als auch die 20 eigenständigen Landeskirchen und die Diakonie haben dabei das Anliegen des Lebensschutz fest im Blick. Dies wird in den vielfältigen bisherigen Stellungnahmen und Wortmeldungen zu diesem Thema deutlich. Zum Schutz des ungeborenen Lebens setzen die Gliedkirchen der EKD auf Hilfe, Ermutigung, Beistand und Liebe. "Mit der Frau - nicht gegen sie" ist auch der Titel einer dazu erschienenen Broschüre.“

Es ist ja erfreulich, wenn die EKD den Lebensschutz im Blick hat, aber wenn dann nichts unternommen wird, hilft das wenig. Allein schon das Telefonat zeigte, dass ein Wille zur Änderung kaum besteht. Zum einen, weil die Mitarbeiterin der EKD meinte, dass es keine Enthaltung zur Anfrage der Bundesregierung gab, zum anderen war sie der Meinung, dass die EKD sich nicht daran beteiligen kann, auf einen politischen Kurswechsel hinzuarbeiten, da die Kirche keine Politik macht.

Ohne der Mitarbeiterin eine böse Absicht zu unterstellen, muss ich sagen, dass beide Aussagen falsch sind. Der Rat der EKD bietet der Regierung zwar seine Mitarbeit bei der Neuregelung an, zur Abschaffung des §219a heißt es aber:

„Vor dem Hintergrund der avisierten rechtlichen Neujustierung hat der Rat entschieden, nicht zum o. g. Gesetzentwurf Stellung zu nehmen.“

Das Dokument findet ihr hier.

Bei der zweiten Aussage kam ich mir dann aber auf den Arm genommen vor. Wer u.a. die Beschlüsse der Synode 2022 kennt, der weiß dass sich die EKD mit nichts anderem beschäftigt. Selbst Vertreter der sog. „Letzten Generation“ haben dort eine Bühne bekommen. Politik macht die Kirche in jedem Fall. Wäre ihr Handeln bibelkonform, gäbe es auch keinen Grund zur Klage. Leider ist es das aber meistens nicht.

Auf der o.g. Antwort hin habe ich mir die Broschüre – die ihr hier findet – auch angesehen. Besser gemacht hat das allerdings nichts.

Dort heißt es u.a.:

„Die Ehrfurcht vor dem werdenden Leben und das Lebensrecht des ungeborenen Kindes können nicht losgelöst vom Respekt vor der Gewissensentscheidung der Frau verstanden werden. Denn die Frau und das werdende Kind bilden in der Person der Schwangeren eine einzigartige Einheit. Genau dies macht den Konflikt aus: Das noch nicht geborene Kind ist ein eigenständiges Wesen und zugleich in den ersten sechs Monaten ein allein nicht lebensfähiger Teil der Frau. Von daher ist es evangelische Überzeugung, dass das ungeborene Kind nur mit der Mutter und nicht gegen sie geschützt werden kann.“

Wer sich genauer informieren will, sollte diese Broschüre lesen. Aus dieser geht zwar hervor, dass die Kirche versucht das Kind zu schützen, aber auch, dass der werdenden Mutter die Konsequenz nicht ausreichend klar gemacht wird, nämlich die, dass es nichts anderes als töten ist, so jedenfalls mein Eindruck. Mir ist ebenfalls klar, dass die Kirche Recht hat, wenn sie sagt: „Frauen erleben diesen Konflikt als höchstpersönlichen und wehren sich deshalb gegen dessen Beurteilung durch eine fremde Instanz.“ Derjenige, der ihnen diese Entscheidung aber abgenommen hat, ist der der über allem steht. Eine Abtreibung, weil beispielsweise der Partner weg ist, es nicht ins Lebenskonzept passt o.ä. kann nie Recht sein. Wer diese Broschüre liest, muss zu der Erkenntnis kommen, dass die EKD mit vielen warmen Worten sagt: „Es ist zwar falsch, aber auch nicht so schlimm.“

Dies wird spätestens klar, wenn der Leser bei der folgenden Aussage angekommen ist:

„Eine evangelische Beraterin respektiert, wenn eine Frau im Konfliktgespräch wenig Einblick in ihre Situation geben möchte. Jede Frau hat unabhängig von Umfang und Inhalt des Beratungsgesprächs die Gewissheit, dass sie auf ihren Wunsch hin die erforderliche Bescheinigung erhalten wird.“

Übersetzt heißt es ja nichts anderes, als dass jeder die Bescheinigung bekommt. Wer also hingeht und deutlich macht, dass er nur die Bescheinigung möchte, aber keine Lust auf das Gespräch hat, dem wird sie gegeben.

Wer mit einer solchen Einstellung die Gebote des Herrn vertritt, der kann sich kaum Kirche nennen. Einen ernsthaften Schutz des ungeborenen Lebens kann man von der EKD wohl nicht erwarten.



Zuletzt noch eine Anmerkung:


Jeder Mensch ist Sünder, auch ich. Es liegt mir fern, aus einer Art überhöhten moralischen Position die betroffenen Frauen zu verurteilen. Dazu habe ich kein Recht, wie Jesus u.a. sagt: „Wer unter euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein …“ Es ist mir völlig klar, dass die Schwangerschaft unter Umständen extrem problematisch sein kann. Es muss ihr jede Hilfe zukommen, die möglich ist. Daran fehlt es in Deutschland viel zu sehr. Sollte eine Frau, trotz aller Hilfe und Versuche, die Abtreibung zu verhindern, doch abtreiben, erbitte und erhoffe auch ich mir für sie Vergebung. Gott weiß um ihre Lage und alle Fakten. Nur er allein darf darüber urteilen.

Was ich so kritisiere, ist also nicht die einzelne Frau an sich, sondern das Verhalten der EKD. Sie stellt sich nicht ernsthaft und ausreichend gegen die Legalisierung der Abtreibung. Da sie sich schon bei der Abschaffung des §219a StGB enthalten hat, ist auch bei der anstehenden völligen Legalisierung nichts anderes zu erwarten. Die EKD redet sich raus, indem sie sagt, dass sie keine Politik machen will, macht sie aber an anderer Stelle sehr wohl. Diejenigen, welche das Wort de Herrn besonders vertreten sollen, sind zu einer Art humanistischem Club verkommen. Die Bereitschaft, den betroffenen Frauen zu helfen, ist in der Broschüre zwar unverkennbar, aber die Bereitschaft, dies im Sinne Gottes zu tun, spielt nur eine geringe Rolle.